Ein Quantenknoten aus Diamant
Nanophotonisches Quantenbit nutzt Silizium-Fehlstellen-Zentren in einer Diamantstange.
Sowohl für die Quantenkommunikation als auch für die Verbindung von Quantenrechnern zum verteilten Quantencomputing sind leistungsfähige Knotenpunkte von entscheidender Bedeutung. Um verschiedene Komponenten in einem solchen Quantennetzwerk miteinander zu verbinden, sind zusammengeschaltete Qubits mit möglichst langer Kohärenzzeit vonnöten. Dazu sollten sich die Knotenpunkte leicht mit optischen oder infraroten Photonen ansprechen lassen, wie sie für die Kommunikation in Glasfasernetzen genutzt werden.
Als effiziente Verbindung haben sich dabei nanophotonische Lösungen erwiesen. Diese profitieren davon, dass die Wechselwirkung von Licht mit den Qubits besonders stark wird und sich der mögliche Datendurchsatz erhöht, wenn die Lichtwellen räumlich in den Nanostrukturen konzentriert werden. Außerdem lassen sich nanophotonische Komponente gut in integrierten Chips unterbringen, was den Einsatz in großen Netzwerken erleichtert. Allerdings hatten bisherige Lösungen immer nur einen Teil der Anforderungen an einen Quantenknoten erfüllen können und nie alle zugleich. Ein Forscherteam um Mikhail Lukin von der Harvard University hat nun aber einen Quantenknoten vorgestellt, der auf Silizium-Fehlstellen-Zentren in Diamant basiert und sich als wichtiger Schritt auf dem Weg zu künftigen Quantennetzwerken erweisen könnte.
Die Schwierigkeit darin, einen Quanten-Netzwerkknoten herzustellen, liegt darin, dass dieser drei unterschiedliche Eigenschaften aufweisen muss. Er muss einerseits leicht auszulesen und zu beschreiben sein, sollte darüber hinaus möglichst effizient mit Licht wechselwirken und sich außerdem gut an einen langlebigen Quantenspeicher koppeln lassen. So ist bisher zwar schon gelungen, gefangene Ionen oder Atome gut an einfallende Photonen zu koppeln. Allerdings lassen sich diese Systeme schwieriger auf nanophotonischen Chips in Serienfertigung unterbringen als Lösungen mit Festkörpern, wie etwa Diamanten mit Fehlstellen-Zentren. Auch haben sich bisherige Quantenknoten schlecht mit einem langlebigen Quantenspeicher verknüpfen lassen, der ein Register aus mehreren Qubits enthält.
In einem größeren Quantennetzwerk sollten derartige Register mehrere Qubits beinhalten, die der Reihe nach ausgelesen und wieder beschrieben werden. Dies benötigt eine gewisse Zeit. Die bisher favorisierten Stickstoff-Fehlstellen-Zentren (NV-Zentren, nitrogen vacancy centers) in Diamant haben zwar lange Kohärenzzeiten. Erst kürzlich haben Forscher der Universität Delft ein solches Quantenregister mit zehn Qubits und einer Speicherdauer von knapp einer Minute herstellen können. Solche NV-Zentren lassen sich aber nur schwer in einem nanophotonischen Chip so integrieren, dass sie in deterministischer Weise mit einfallenden Photonen wechselwirken.
Deshalb haben die Forscher um Lukin sich Silizium-Fehlstellen-Zentren zugewandt. Bei diesen SiV-Zentren ersetzt genau wie bei NV-Zentren ein Fremdatom zwei Kohlenstoffatome im Diamantgitter. Die Fehlstelle weist ein Elektron auf, dessen Spinzustände als Qubit dienen. Dabei besitzen die SiV-Zentren im Gegensatz zu NV-Zentren eine Inversionssymmetrie, die den Elektronenspin besonders unempfindlich gegenüber Rauschen macht. Die Forscher haben diese SiV-Zentren in eine einige Mikrometer lange und einige hundert Nanometer dünne Diamantstange implantiert. Die Stange wies zudem in regelmäßigen Abständen Löcher auf, um eine bestimmte Lichtmode zuzulassen, die über eine Glasfaser in die Diamantstange eingekoppelt wurde. Die Forscher konnten den Quantenzustand mit hoher Güte in einer einzigen Messung auslesen.
Um den Photonenzustand zuverlässig auf den Elektronenspin zu übertragen, sind allerdings sehr tiefe Temperaturen notwendig. Denn während der Übertragung und Speicherung muss der Elektronenzustand kohärent bleiben. Die Experimente fanden deshalb bei Temperaturen unter 500 Millikelvin statt, was eine aufwändige Kühlung erforderte. Die Forscher gehen allerdings davon aus, dass – eventuell mit einem anderen Element als Fehlstellenmaterial – auch Temperaturen von über einem Kelvin möglich sein könnten.
Besonders interessant am Experiment waren die Techniken zur Erhöhung der Speicherdauer. Zunächst betrug diese lediglich zwanzig Mikrosekunden. Die Wissenschaftler konnten diese aber auf rund eine Millisekunde strecken, indem sie mit speziellen Mikrowellenpulsen das externe magnetische Rauschen unterdrückten. Eine weitere deutliche Erhöhung gelang den Forschern dadurch, dass sie den Zustand auf den Kernspin eines benachbarten Kohlenstoff-13-Atoms übertrugen. Dadurch entstand ein Register aus zwei Qubits mit einer Kohärenzzeit von 200 Millisekunden.
Dabei konnten die Forscher aber noch keine hohe Güte bei der Übertragung des Zustands auf den Kohlenstoffkern erreichen. Außerdem fanden die Experimente zur Kopplung von Photonen und Elektronen in den SiV-Zentren sowie von Elektronen an die Kernspins im Register in unterschiedlichen Versuchsreihen statt – wenn auch am selben Versuchsaufbau. Um eine Gesamtkopplung von Photonen ans Register zu erreichen, müsste zunächst die Übertragungsgüte gesteigert werden, so dass hier trotz der interessanten Ergebnisse noch einiges an Forschungsarbeit zu erwarten ist.
Dirk Eidemüller
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
C. T. Nguyen et al.: Quantum Network Nodes Based on Diamond Qubits with an Efficient Nanophotonic Interface, Phys. Rev. Lett. 123, 183602 (2019); DOI: 10.1103/PhysRevLett.123.183602 - C. T. Nguyen et al.: An integrated nanophotonic quantum register based on silicon-vacancy spins in diamond, Phys. Rev. B 100, 165428 (2019); DOI: 10.1103/PhysRevB.100.165428
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